Freitag, 23. Januar 2015
Die Magie der Meerjungfrau, Teil 12
Später am Tag saß Lilay mit Merim und seiner Familie beim Abendessen. Der Junge konnte kaum aufhören von ihren Fähigkeiten zu sprechen und sich auszumalen, was für Möglichkeiten sich nun im Kampf gegen die Unterdrückung boten. Lilay freute sich zwar, dass sie wegen ihrer Kräfte nicht gemieden, sondern gebraucht wurde, allerdings machte es ihr Angst, wie sehr sich die Leute nun auf sie zu verlassen schienen. Den ganzen Abend lang schwieg sie weiter, versunken in ihre Gedanken.


Rege Betriebsamkeit herrschte im Palast der Hauptstadt. Wachen, sowohl Meermenschen als auch Haie, patroullierten auf den Gängen, Minister huschten mit Papierstapeln auf dem Arm hin und her, aber über allem lag ein Teppich der Angst. Quintens Laune hatte einen neuen Tiefpunkt erreicht. Er tobte nicht, er schrie nicht, er zerstörte nichts, wie er es bisher immer getan hatte. Im Gegenteil. Ganz ruhig saß er auf dem Thron im Audienzsaal und sah auf den Meermann herab, der knapp über dem Boden, in einer Verbeugung erstarrt war. Deutlich sah man sein zittern, während alle Augen auf ihn gerichtet waren. Keiner verschwendete einen Blick auf die einstmals prachtvolle Ausstattung des Raumes.
Banner hingen an den Wänden, auch wenn das Symbol darauf nicht länger das Füllhorn und die Krone des Königs in strahlendem blau, gold und beige zeigte, sondern ein bedrohliches grün und schwarz, so in einander verschwommen, dass es das reinste Chaos zu sein schien und doch eine gewisse Ordnung erkennen ließ. Ein Einblick in Quintens Grausamkeit.
Dieser sah noch immer auf den Meermann vor sich herab, dessen einziges Vergehen es war, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein.

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