Donnerstag, 9. April 2015
Die Magie der Meerjungfrau, Teil 14
Er schwamm zügig durch die Flure des Palastes, vorbei an kahlen Stellen, wo einstmals Gemälde hingen. Gemälde der Königsfamilie und der schönen und friedvollen Zeit, die es einst war. Einzig die Lampen, befüllt mit fluoreszierenden Steinen und Moos, sowie einige Wandteppiche, gewebt aus Algen und Seegras zu einzigartigen Kunstwerken, hingen noch vereinzelt an den Wänden. Es war so still, als wäre es ein Geister schloss. Lange vorbei waren die Zeiten, in denen geschäftiges Treiben die Gänge füllte und das Lachen von Kindern in den Fluren widerhallte. Eine gefühlte Ewigkeit, wie einige sagten. Der Blick aus den großen, bodentiefen Fenstern, war das einzige, das einem einen kleinen Hoffnungsschimmer geben konnte. Sah man dort hinaus, fühlte man sich, als könne man einfach hinausschwimmen. Hinaus ins weite Meer, fort von der Finsternis und ins Licht der Freiheit. Leider war das nur ein Wunschtraum, eine Illusion, die Quinten nur zu gern immer wieder zerstörte. Niemand entkam von hier.
Inzwischen hatte Quinten das unterste Geschoss des Palastes erreicht, wo sich der Kerker befand. Die Wachen salutierten und ließen ihn vorbei. Zielstrebig näherte er sich einer Zelle, in der Mitte des Ganges. Die Zellen waren einfache Einbuchtungen in den Wänden, mit einer Pritsche zum Schlafen, verschlossen mit Gitterstäben aus Korallen, die zu dick waren, um einfach zerbrochen werden zu können. In dieser Zelle saßen eine Frau und ein kleiner Junge. Das blonde Haar der beiden, sowie ihre Schwanzflossen, die den gleichen grünen Schimmer aufwiesen, zeichnete sie als Mutter und Sohn aus. Ängstlich klammerte sich der Kleine an seine Mutter, welche schützend die Arme um ihn legte, während sie Quinten aus zornigen, blauen Augen anstarrte.
„Was wollt Ihr denn noch von uns?“, fauchte sie. „Reicht es euch nicht, dass Ihr uns meine Tochter genommen und uns eingesperrt habt?“
Unbeeindruckt sah er sie an. „Bedauerlicher Weise ist sie entkommen, also werdet ihr mir nun sagen wo sie sein könnte.“ Auf sein Zeichen hin, schwamm einer der Wächter vor und öffnete die Zellentür. Zwei weitere kamen herbei und während einer die Mutter zurückhielt, packte der andere den Jungen und zerrte ihn hinaus. Der Junge schrie und kämpfte, seine Mutter versuchte ihn festzuhalten, doch es nützte nichts.
„Wenn ihr nicht auch noch euren Sohn verlieren möchtet, sagt mir wo ich sie finden kann.“ verlangte Quinten erneut. Nun waren ihren Augen nicht mehr von Zorn, sondern von Hass erfüllt.
„Ich weiß es nicht.“ knurrte die Frau. „Und ihr werdet sie nie finden. Ihr werdet Lilay niemals finden.“ Er erwiderte kalt ihren Blick, bevor er sich Lilays Bruder zuwandte. „Nun, es scheint du bedeutest deiner Mutter nicht viel. Zu schade. Nehmt ihn mit.“, wandte er sich an die Wachen, die die Tür wieder verschlossen und sich zum gehen wandten. Als sie den Kerker verließen, hörte man nichts außer das Schluchzen des Jungen und die verzweifelten Rufe seiner Mutter.
„Wie heißt du mein Kleiner?“, fragte Quinten ihn schon fast sanft.
„Kastrian.“, antwortete dieser leise.

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